Erbrechtsverordnung ist in Kraft getreten

Testamente sind in einigen Fällen nicht anwendbar

Die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses ist am 17. August 2015 in Kraft getreten.

Die Verordnung birgt wichtige Änderungen im internationalen Erbrecht. Auf Erbfälle ist das Recht des Wohnsitz des Erblassers anzuwenden und zwar unabhängig davon, welche Staatsangehörigkeit der Erblasser besitzt. Die Staatsangehörigkeit, die Belegenheit des Vermögens bleiben aber weiterhin relevant. In der Praxis kann es daher zu einer Nachlassspaltung kommen. Das bedeutet, dass auf einen Erbfall mehrere Rechtsordnungen anwendbar sind.

Laut Verordnung ist aber eine Rechtswahl möglich. Ein EU-Bürger, der in einem anderen Land lebt, kann das Recht seines Heimatstaates wählen.

Trifft ein EU-Bürger keine Rechtswahl, besteht in einigen Fällen die Gefahr, dass sein Testament nicht anwendbar ist.

Ist beispielsweise ein deutscher Staatsangehöriger nach Frankreich umgezogen, ist auch sein nach deutschem Recht erstelltes Testament anzupassen und ggfs. ausdrücklich eine Rechtswahl zu treffen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sein Testament in Frankreich keine Anwendung findet und der Nachlass nach französischem Recht beurteilt wird.

Eine weitere wichtige Neuerung der Verordnung ist die Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Das Europäische Nachlasszeugnis hat die Wirkung eines internationalen Erbscheins. Dies ist für Erben eines internationalen Erbfalles eine Erleichterung, da sie nun nur noch ein Nachlasszeugnis beantragen müssen, das in den anderen Mitgliedsstaaten Anwendung findet.

 

Anika WISSMANN
Rechtsanwältin & Avocat
Deutschland - Frankreich